Kurland, Semgallen, Lettgallen
Königlich Schwedische Post
Kaiserlich Russiche Post
Deutsche Besetzung / Ob. Ost
Genau eine Woche nach dem Waffenstillstand von Compiègne, der den Ersten Weltkrieg beendete, wurde am 18. November 1918 in Riga die bürgerliche Republik Lettland proklamiert. Frieden gab es aber noch nicht.
Während sich die deutschen Truppen von Nord nach Süd aus dem Baltikum zurückzogen, folgten von Nord und Ost sowjet-russische und sowjet-lettische Verbände auf dem Fuss. Riga wurde am 3. Januar 1919 von ihnen besetzt. Nur die Hafenstadt Liepāja (Libau) mit Umgebung blieb in den Händen der bürgerlichen lettischen Regierung.
Am lettischen Unabhängigkeitskrieg (1918–1920) beteiligten sich nicht nur bürgerliche und bolschewistische, sogenannte “weiße” und “rote” Letten, sondern auch deutsche Freikorps, die weiße russische Bermondt-Armee sowie estnische und polnische Truppen.
Mit dem Frieden von Riga am 11. August 1920 erkannte die Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (RSFSR) die Unabhängigkeit Lettlands an, und so konnte der Aufbau des neuen Staates beginnen.
Die Staatsgrenzen Lettlands mit Estland im Norden und mit Litauen im Süden folgten den Sprachgrenzen. Die Grenze mit der Sowjetunion im Osten wurde durch das ehemalige russischsprachige Gouvernement Witebsk gezogen.
1920 umfasste Lettland 65.791 qkm Bodenfläche und zählte etwa 1,6 Millionen Einwohner (1914 über 2,5 Millionen, 1935 über 1,9 Millionen). Davon waren 73 % Letten, 12 % Russen, 5 % Juden, knapp 4 % Deutsche sowie Polen, Esten und Litauer. Das Land war in vier Provinzen eingeteilt: Vidzeme (Zentral-Livland), Kurzeme (Kurland), Zemgale (Semgallen) und Latgale (Lettgallen).
Für die landwirtschaftliche Entwicklung Lettlands war die Agrarreform 1920 von größter Bedeutung. Nicht nur erhielten Landarbeiter und Landlose Grund und Boden als eigenem Besitz. Der Grossgrundbesitz wurde beseitigt und insbesondere der deutschen Führungsschicht ihre wirtschaftliche Basis und ihr politischer Einfluss entzogen. Rund 1.300 Güter mit 3,7 Millionen ha Agrarfläche unterlagen der Enteignung.
Lettland wurde zunächst – wie die meisten Nachfolgestaaten des I. Weltkrieges – als demokratisch-parlamentarische Republik konstituiert. Die verfassunggebende Versammlung konnte jedoch erst am 1. Mai 1920 zusammentreten, die Verfassung am 7. November 1922 in Kraft treten. Das Parlament (Saeima) besaß das Recht, den Staatspräsidenten zu wählen und die Richter zu bestätigen. Zum ersten Staatspräsidenten wurde Jānis Čakste gewählt.
Von den 18 Ministerpräsidenten bis 1934 gingen 12 aus den Reihen des Bauernbundes hervor. Dessen wichtigster Repräsentant war Kārlis Ulmanis. Dreimal war er Ministerpräsident, außerdem leitete er zeitweise die Ministerien für Krieg, Landwirtschaft und Versorgung. Am 15. Mai 1934 löste er nach einem Staatsstreich die Saeima auf und richtete ein autoritäres Regime ein.
Die Auswirkungen der Kriege zwischen 1914 und 1920 blieben auch bei der Herstellung von Briefmarken und im Postverkehr sichtbar: es gab Papiermangel, Stempelprovisorien, Feldpost und Zensurstempel. In den sowjetisch beherrschten Gebieten blieben Postkarten und einfache Briefe bis 15 g portofrei.
Im Gegensatz zur Bodenreform lassen sich zwei weitere Reformen philatelistisch belegen: Die Rechtschreibreform von 1920 und die Einführung des Lat als Goldwährung im Jahre 1922 (1 Lats zu 100 Santīmu).
Brief aus Smiltene nach Riga, 1922. Mischfrankatur von Rubel- und Latwährung. Porto: 9 Rubel (= 18 Santīmu) + 2 Santīmi = 20 S. für einen Inlandsbrief in der 2. Gewichtsstufe.
Laut dem durch das Statististikamt 1938 veröffentlichten “Latvijas statistikas atlass, XX” wuchs die Zahl der Postämter zwischen 1919/1920 und 1936/1937 von 298 auf 1.428. Gab es zunächst also ein Postamt auf 220 qkm, so gab es schließlich ein Postamt auf 46 qkm. Währenddessen stieg die Zahl der Postsendungen von jährlich gut 16 Millionen auf nahezu 76 Millionen.
1920 hatte das befahrbare Eisenbahnnetz eine Länge von 1.737 km, 1937 waren es 3.271 km. Beim Transport der Post innerhalb Lettlands spielte die Bahnpost eine wichtige Rolle. Zwischen 1920 und 1940 verkehrte diese auf 58 verschiedenen Strecken.
Während der 22-jährigen Unabhängigkeit von 1918-1940 kamen 21 Sonderstempel für meist nur kurze Zeit zum Einsatz.
Sondermarke zu 6 Santīmi aus einem Satz von 5 Werten zur 300-Jahr-Feier der Hafenstadt Liepāja (Libau), entwertet mit dem Sonderstempel 300 LIEPAJA 300, verwendet 8 Juni 1925
Der Zuschlag für die Beförderung per Flugpost innerhalb Europa wurde entrichtet mittels der dreieckigen Luftpostmarke zu 25 Santīmu. Die Marken wurden mit dem Stempel des Luftpostschalters im Hauptpostamt von Riga, RIGA-LIDPASTS, entwertet.
Zwischen 1929 und 1933 wurde eine Reihe von Wohltätigkeitsausgaben mit Zuschlägen bis zum Fünffachen des Frankaturwertes ausgegeben.
Im Dezember 1922 wurde die erste lettische Ganzsache verausgabt, 1939 die letzte. Insgesamt gab es elf unterschiedliche Ganzsachen–Postkarten. Unter dem Wertstempel wurde stets vermerkt, dass der Käufer nicht nur den Nominalwert zu zahlen hatte, sondern zusätzlich 1 Santīms für das Papier.
Die Schwäche des parlamentarischen Systems mit einer Vielzahl von Parteien und einer geringen Grösse der Fraktionen in der Saeima trafen 1929 auf die Weltwirtschafskrise. Diese führte zu wachsenden Absatzschwierigkeiten für Agrarprodukte und traf damit vor allem die agrarische Mehrheit der Bevölkerung. Das Anwachsen antiparlamentarischer Strömungen war die Folge.
Mit einem Staatsstreich löste Ministerpräsident Kārlis Ulmanis, unterstützt durch General und Kriegsminister Jānis Balodis, am 15. Mai 1934 das Parlament auf und errichtete ein autoritäres Regime. Ab 1936 vereinigte Ulmanis entgegen der Verfassung die Ämter des Staats- und Ministerpräsidenten auf sich.
Befanden sich die baltischen Länder zwischen 1920 und 1936 in einer windstillen Bucht der europäischen Politik, so gerieten sie danach mehr und mehr in die Spannungen zwischen den Großmächten. Vollkommen unerwartet unterzeichneten am 23. August 1939 das Deutsche Reich und die Sowjetunion in Moskau einen Nichtangriffspakt. In einem geheimen Zusatzprotokoll grenzten die beiden ideologischen Gegner ihre Interessenssphären gegeneinander ab. Lettland wurde der Sowjetunion überlassen: am 17. Juni 1940 besetzten Truppen der Roten Armee das Land und beendeten für 51 Jahre seine Selbständigkeit.
Mit Beginn des deutschen Angriffs auf Polen am 1. September 1939 wurde die Post zwischen Deutschland und Lettland in Königsberg zensiert.
Portofreie Postkarte eines im Lager von Lilaste internierten polnischen Soldaten nach Kielce, im von deutschen Truppen besetzten Teil Polens, 1940; Stempel “Cenzēts” der lettischen Lagerzensur.
Das Postkartenformular wurde von der lettischen Post mit einem Aufdruck versehen und den Internierten kostenlos zur Verfügung gestellt.
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