Königlich schwedische Post
Kaiserlich russische Post
Deutsche Besetzung / Ob. Ost
Unabhängige Republik Estland
Sowjetische Besetzung
Deutsche Besetzung / Ostland
Mit dem Vormarsch der Sowjetarmee nach Westen entschlossen sich 1944 zahlreiche Esten zur Flucht. Zeitgleich mit der Räumung des Generalkommissariats Ostland zog die Mehrzahl von ihnen zunächst in das Deutsche Reich, wo sie nach dessen Kapitulation am 8. Mai 1945 versuchten, unter dem Schutz der Westalliierten interniert zu werden. Ähnliches galt für Letten und Litauer.
Schon vor der Landung in der Normandie war den Alliierten bewusst, dass sie in Deutschland und den von ihm besetzten Gebieten viele Menschen aus aller Herren Länder vorfinden würden (man rechnete mit 11 Millionen Menschen). Das Supreme Headquarter, Allied Expeditionary Forces (SHAEF) beschloss, diese in Sammellagern zusammenzufassen und sie so bald wie möglich in ihre Heimatländer zurückzusenden (zu repatriieren). SHAEF bezog auch andere Organisationen in die Abwicklung dieser Maßnahmen ein, vor allem die United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA), eine Abteilung der am 9.11.1943 gegründeten Vereinten Nationen, deren erste Teams im April 1945 im besetzten Deutschland eintrafen. Sie betreuten im Mai 1946 mit 279 Teams insgesamt 765.000 Personen in Sammellagern (siehe Grafik). Am 30.6.1947 stellte die UNRRA ihre Tätigkeit in Deutschland ein, ab da übernahm die International Refugee Organization (IRO) die Betreuung der heimatlosen Ausländer.
In Deutschland wurden die Balten in Sammellagern für "Displaced Persons" (DP-Lagern) einquartiert. DPs waren im strengeren Sinne Menschen, die in Deutschland als Zwangsarbeiter tätig waren oder von den Deutschen mit Gewalt ins Reichsgebiet verschleppt worden waren. Im weiteren Sinne gehörten dazu aber auch Personen, die freiwillig im Reichsgebiet für die Deutschen gearbeitet hatten, bei der deutschen Wehrmacht gedient hatten oder vor den Russen aus den baltischen Staaten geflohen waren.
Insgesamt gab es Hunderte von DP-Camps, siehe beispielsweise diese Liste oder die nebenstehende Grafik.
Die in Deutschland gebliebenen Balten hatten an einer Repatriierung jedoch verständlicherweise wenig Interesse, solange die Sowjetunion die baltischen Staaten besetzt hielt.
Nach jahrelangem Aufenthalt in den DP-Lagern wurde den Flüchtligen klar, dass sie zumindest in absehbarer Zeit nicht in ihre angestammte Heimat zurückkehren würden. Da Deutschland durch den Krieg völlig verwüstet war, die deutsche Bevölkerung für die eigenen Flüchtlinge kaum Wohnraum und Arbeit hatte und die deutsche Wirtschaft zerstört war, war ein Verbleiben der DPs in Deutschland nicht möglich.
Ab September 1946 wurde das Auswandern in ein anderes europäisches Land oder nach Übersee beworben; dies wurde 1947 noch verstärkt. Nach Untersuchung der Gesundheit (die besten Chancen hatten alleinstehende, arbeitsfähige männliche DPs) und Überprüfung der politischen Vergangenheit konnte eine Auswanderung stattfinden, meist über das Auswandererlager Ludwigsburg.
Esten wanderten vor allem nach Schweden, in die Vereinigten Staaten von Amerika, nach Kanada und nach Australien aus. Kleinere Gruppen verblieben in Deutschland oder Dänemark usw.
Nach der Gründung Israels 1948 konnten jüdische DPs auch dorthin auswandern, auch die USA liberalisierten vorübergehend ihre Einwanderungsbedingungen. Im Jahr 1949 erreichte die Auswanderung ihren Höhepunkt, als immerhin 260.000 DPs in eine neue Heimat vermittelt werden konnten.
Ende 1945 gab es in den drei westlichen Besatungszonen ca. 1,7 Millionen DPs. Am 1.1.1947 lebten noch 270.000 Verschleppte in der Britischen Besatzungszone (BBZ). Die meisten davon waren Polen, Letten, Ukrainer und Esten. Fast alle befanden sich in Lagern. Ende 1947 waren es noch 108 Lager. Bis zum 01.03.1949 ging die Zahl der Verschleppten in Lagern der BBZ auf 142.000 zurück. Ende 1949 gab es noch 67 Lager.
Am 1.7.1950 übernahmen die deutschen Bundesländer die Fürsorge für die in der Bundesrepublik gebliebenen 85.000 Verschleppten, die keine Aussicht auf Ansiedlung im Ausland hatten. Für weitere 113.000 Verschleppte, die noch auf Auswanderung hofften, sorgte die IRO zunächst bis zum 31.3.1951 und schließlich bis Ende 1951 weiter, als sie aufgelöst wurde.
Das Bundesgesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer vom 25.4.1951 stellte die in der Bundesrepublik gebliebenen Verschleppten weitgehend den deutschen Flüchtlingen gleich. Nun hießen die Verschleppten „heimatlose Ausländer“.
Quellen:
Webseite über DP-Camps, im Internet unter URL: www.dpcamps.org/dpcampseurope.html
Wikipedia zu DP-Lagern, im Internet unter URL: de.wikipedia.org/wiki/DP-Lager
Virtuelle Ausstellung über Camps in Deutschland für Flüchtlige aus den baltischen Staaten, im Internet unter URL:
www.archiv.org.lv/baltic_dp_germany
Verzeichnis der deutschen DP-Camps im von der UNESCO geförderten Arolsen Archiv, im Internet unter URL:
dpcampinventory.its-arolsen.org
Verzeichnis weltweiter DP Camps, im Internet unter URL: www.dpcamps.org
Bis in die 1950er Jahre hinein genossen UNRRA, IRO und viele ausländische Hilfsorganisationen, welche die Verschleppten betreuten, für ihre Sendungen innerhalb Deutschlands Gebührenfreiheit.
Nach Art. 71 I GA III der Genfer Konvention sind alle kriegführenden Parteien verpflichtet, die Post von Kriegsgefangenen (ausser Luftpost- und anderen Zuschlägen) gebührenfrei zu befördern. Dazu zählte neben der privaten Post der Kriegsgefangenen auch die Post nach außen in die Heimat sowie Post innerhalb der Lager. Die Alliierten waren deshalb verpflichtet, nach der Besetzung Deutschlands den Kriegsgefangenen in DP-Lagern die kostenlose Versendung (portofreie Post) aus den DP-Lagern zu ermöglichen. Dies galt auch für DPs, die keine Kriegsgefangene im engeren Sinne waren. In manchen Lagern wurde ein eigener Postdienst eingerichtet, der das Befördern (Einsammeln, Verteilen) der nach aussen gerichteten (oder von dort ankommenden) Postsendungen vornahm, und dafür i.A. eine Gebühr verlangte.
Manchmal wurden von dieser "Postorganisation innerhalb des Lagers" auch eigene Briefmarken herausgegeben, mit denen dann die innerhalb des Lagers zu transportierenden Sendungen freigemacht werden mussten. Zu dieser "Lagerpost" im engeren Sinne unten mehr.
Bezüglich der Post der Displaced Persons aus den Lagern heraus gab es Unterschiede zwischen den Besatzungszonen:
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In der Britischen Besatzungszone genossen die DPs gemäß Verfügungen der Reichspostdirektionen Braunschweig, Düsseldorf, Hamburg und Hannover und entsprechenden britischen Anordnungen ab dem 20.10.1945 Portofreiheit für Briefe von DP Lager zu DP Lager, innerhalb der britischen Besatzungszone sowie ins Ausland (NB.: die Aufnahme des zivilen Postverkehrs aus Deutschland ins Ausland erfolgte erst am 1.4.1946!).
Die Briefe wurden bis zum 4.5.1947 über die britische Feldpost (FPO) geschickt. Dazu waren Tarnabsender ohne Ortsangaben zu verwenden; diese Tarnabsender beinhalteten die Nummern der Assembly Centers (AC) und des Displaced Persons Assembly Centre Staff (DPACS, Verwaltung des DPAC), ab Juli 1947 auch DPACCS (Displaced Persons Assembly Centre Commanding Staff) genannt.
Ab dem 5.5.1947 erfolgte keine Beförderung der Briefe der DPs mehr durch die britische Feldpost ins Ausland. Deshalb wurden ab diesem Datum keine Tarnadressen (wie die AC-Nummer, die Zensurstelle „800 Control Unit“ oder auch der Leitvermerk „BAOR via Gt. Britain“, BAOR = Britische Rheinarmee in Deutschland) mehr verwendet, sondern die offene Lageranschrift mit der Nummer des Assembly Centre, Ort, Strasse und Hausnummer.
Ab jetzt bis zum 19.4.1949 hatte die Deutsche Post die Gebühren zu tragen, dann endete die portofreie Beförderung im Inland. Ins Ausland wurden einfache Briefsendungen bis zum 31.8.1949 portofrei befördert.
Die DPs mussten für die weitere postofreie Beförderung Umschläge verwenden, auf denen z.T. die Briefstempel ihrer Lager abgeschlagen waren, auf jeden Fall auch entweder ein Stempel rechts oben mit „Displaced Persons Mail Paid“, die in verschiedener Form (meist rechteckig) gestaltet waren oder teilweise auch mit Klebezettel (in Meerbeck) oder mit Schreibmaschine auf Klebezetteln (in Dortmund). In Meerbeck und Leese kommt auch der Ortsname im Stempel vor.
Ab Februar 1949 wurde von der britischen Militärregierung der zweizeilige Stempel "Displaced Persons Mail Paid" eingeführt und dies auch von der Hauptverwaltung der Post in Frankfurt am 4.3.1949 veröffentlicht (für gewöhnliche Sendungen).
Der größte Teil der Inlandsbriefe von DPs wurde jedoch mangels Wissen der Lagerkommandanten über die Portofreiheit der Inlandspost in der britischen Zone mit Marken freigemacht, d.h. die gebührenfreie Beförderung wurde eigentlich nur wenig genutzt. Deshalb gibt es auch kaum gelaufene Inlands-Bedarfspost.
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In der Amerikanischen und der Französischen Besatzungszone sowie in Berlin gab es keine vergleichbaren Regelungen; hier musste In- und Auslandspost immer frankiert werden.
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In der Sowjetischen Besatzungszone gab es keine DP Lager oder vergleichbare Einrichtungen.
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Quellen:
Heinz K. Selig: Postverkehr der Displaced Persons 19451948, im Internet unter URL: www.schaumburgerpostgeschichte.de/Dokumente/DP_12_Blaetter.pdf (PDF-Dokument Format A4 hoch als Lesetext) und www.consilium-philatelicum.de/fileadmin/bilder/digitale_vortraege/displaced.pdf (PDF-Dokument eines Powerpoint-Vortrags)
Zusammentragung von DP-Campinformationen unter philatelistischen Gesichtspunkten im Web des verstorbenen Manfred Heber, im Internet unter URL: fuchs-online.com/Lagerpost.Info
Literatur:
Wolfgang Strobel: Post der befreiten Zwangsarbeiter. Displaced Persons Mail Paid in Deutschland 19451949. 2001 (nur antiquarisch erhältlich).
J. Müller: Müller Briefmarkenkatalog Deutschland Spezial, 7. Aufl. 1957, mit Lagerpostmarken (nur antiquarisch erhältlich)
Villem Eichenthal: EESTI Illustrierter Spezial-Katalog Estland, hrsg. von der Philatelic Specialists Society of Canada, 1962 (nur antiquarisch erhältlich)
Friedrich Wilhelm: Lagerpost / Displaced Persons / DP Camp, Band I und II, erhältlich unter: dp-camp.jimdofree.com
Bis zur Übernahme durch die Flüchtlingsverwaltungen der deutschen Länder am 1. November 1951 stellten DP-Camps „exterritoriales“ Gebiet dar. Die Herausgabe von Lagermarken durch z.B. Pfadfinder oder Lager-Komitees bedurfte deshalb keiner deutschen Postgenehmigung, sondern nur einer Genehmigung der Alliierten (UNRRA bzw. IRO). Inschriften sind immer in englischer Sprache.
Bekannt ist die Ausgabe von Lagerpostmarken an folgenden Orten mit estnischen, lettischen und/oder litauischen Bewohnern:
Altenstadt/Schongau, Mai 1946, Werbemarke zur baltischen DP-Ausstellung, Lagerpost vom 24.5.16.6.1946
Hanau, 1.11.1947, Werbeausgabe mit Zuschlag anlässlich der Estnisch-Litauischen Briefmarkenausstellung 1.-3. November 1947 (Block und Einzelmarken)
Detmold 1946, Allgemeine Ausgabe mit Lilienwappen (Boy-Scout-Symbol) und litauischem Schützenkreuz, 20+80 Pfg. auch mit Aufdruck "Augsburg / 28.4.46" in rot als Gedenkmarke zum Treffen der Exil-Pfadfinder aus Estland, Lettland und Litauen
Die Lagerpostmarken hatten außerhalb der Lager keine Frankaturkraft. Sie wurden jedoch häufig auf Briefen in das In- und Ausland als Gedenkvignetten neben gültigen Marken angebracht und bisweilen (vorschriftswidrig) auch mit abgestempelt.
Vertreter der drei baltischen Staaten bildeten den Briefmarkenverein BALTIA (19461950), der unter anderem philatelistische Ausstellungen organisierte und die Herausgabe von Gedenkmarken dazu veranlasste. Er gab auch einen Briefmarkenkatalog über die Marken der Republiken Estland, Lettland und Litauen mit Memel 19181941 inklusive der sowjetischen und deutschen Besatzung heraus (siehe Literaturangaben).
Im Vorstand des am 17. Juli 1946 in Augsburg gegründeten Vereins waren Aleksander Vahter (Estland, Vorsitzender), N.N. (Lettland) und Juozas Liubinskas sen. (Litauen) (beide Beisitzer) sowie August E. Pensa (Estland, Organisationsleiter) vertreten. 1948 hatte der Verein ca. 300 Mitglieder. Links ein Brief vom Jahrestreffen 1947, rechts eine Begleitpostkarte zu einer Paketsendung von A.E. Pensa an Villem Eichenthal, also von einem bekannten estnischen Philatelisten zum anderen.
Die Esten wurden beispielsweise in Baden-Württemberg in Geislingen/Steige in von Deutschen zu räumende Siedlungen einquartiert, in Bayen in Lagern in Altenstadt/Schongau, Augsburg/Hochfeld, Kempten und Nürnberg-Langwasser, Dettendorf, Ingolstadt, Neuburg, Ulm oder Wielandshag/Freilassing, in Hessen in Wiesbaden und Hanau, in Niedersachsen in Leese und Oldenburg, in Schleswig-Holstein in Lübeck oder Schwarzenbek, in Baden-Württemberg in Müllheim und Freiburg, In Rheinland-Pfalz in Kaiserslautern, um nur einige zu nennen. Insgesamt waren Esten in über 150 Camps untergebracht.
Stellvertretend für die estnische Lagerpost in Deutschland wird hier aus dem Buch "Stille, Bernhard 1994: Vom Baltikum ins Schwabenland. Estenlager und Ausquartiertenschicksal in Geislingen 19451950. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Geislingen/Steige Band II. Weißenhorn: Konrad-Verlag." zitiert (Text und Abbildungen mit freundlicher Genehmigung des Verlags):
Da einerseits die drei Stadtteile Schloßhalde, Wilhelmshöhe und Rappenäcker weit auseinanderlagen, andererseits den Geislinger Postboten das Betreten des Estenlagers verboten war, richtete die UNRRA-Lagerverwaltung ein eigenes Lagerpostamt ein, das mit der deutschen Post der Stadt Geislingen zusammenarbeitete. Die gesamte sogenannte Estenpost wurde mit dem Postwagen vom deutschen Postamt zum estnischen Postamt gebracht und dort von den Lagereinwohnern persönlich abgeholt, später durch Briefträger den Empfängern zugestellt. Pakete mussten die Esten während der ganzen Lagerzeit immer persönlich abholen.
Anfänglich, als der Postverkehr mit dem Ausland noch nicht zugelassen war, reichten einige von der UNRRA bedienstete Postbeamte aus, die ein- und ausgehende Post zu bewältigen. Als jedoch in den Jahren 1946/47 der internationale Postverkehr freigegeben wurde und die von den Auslandsesten in USA und Schweden abgesandten Pakete in größeren Mengen eintrafen, musste die estnische Lagerverwaltung weitere Postbeamte einstellen. Diese wurden aber von der UNRRA nicht mehr entlohnt. Deshalb musste die Estenpost sich neue Einnahmequellen schaffen. So kam es, dass die estnische Lagerverwaltung sich mit Genehmigung der UNRRA zur Ausgabe eigener Lagerpostmarken entschloss.
Die Marken waren von dem Esten Aleksander Daniel entworfen und erschienen am 4. November 1947. Sie zeigten ein von zwei Wölfen gejagtes Pferd, eine symbolische Darstellung der von den Russen verfolgten Esten. Die Bezeichnung der Marken: ESTONIAN National Assembly Center Geislingen/Stg., zu deutsch: ESTNISCHES nationales Sammellager Geislingen/Steige, daneben das estnische Staatswappen, die drei Leoparden im Brustschild.
Die Marken wurden ohne Wertangaben in den Farben grün, rosa und rot gedruckt. Die grünen wurden für 10 Pfennige verkauft und dienten zur Frankatur von Postkarten, Briefen und Drucksachen für die Post innerhalb des Lagers. Die rosa Marken wurden zu 25 Pfennigen verkauft und dienten zur Einziehung von Strafporto. Dies war die Tagesgebühr für liegengebliebene Pakete. Da man keinen Raum hatte, die in Mengen eintreffenden Pakete zu lagern, andererseits auch kein Fahrzeug, um diese zuzustellen, war man darauf angewiesen, dass die Empfänger die Pakete möglichst rasch abholten. Dem dienten auch die roten Marken, die zur Deckung von vier Tagen Lagergebühr verkauft wurden und 1 Mark kosteten. Ihre Auflage war sehr gering.
Zur Entwertung der Marken hatte man sich beim Geislinger Postamt einen Rundstempel mit dreizeiligem regulierbarem Datum ohne Ortsangabe ausgeliehen.
Der komplette Dreiwertesatz ist wegen der kleinen Auflage sehr selten. Noch seltener sind echt gelaufene Ganzsachen, die ja nur mit den grünen Marken frankiert werden konnten. Die meisten Briefumschläge wurden aber von der überwiegenden Mehrzahl der damaligen Lagerbewohner achtlos weggeworfen, da sie für viele wertlos waren.
Außerdem galten die Marken der Estenpost nur innerhalb des Lagers; * für Post nach anderen deutschen Orten oder ins Ausland musste man die Marken der amerikanischen Besatzungszone / Deutsche Post kleben. Es kam nur ganz selten vor, dass eine Estenmarke neben einer der Deutschen Post vom Geislinger Postbeamten gestempelt wurde, weil der Absender der irrtümlichen Meinung war, er müsse sowohl mit der estnischen als auch mit der deutschen Marke frankieren.
Als am 24. Juni 1950 das estnische Sammellager aufgelöst wurde, hörte auch die Estenpost auf. Die Restbestände der grünen Lagermarken wurden zwischen den damaligen Postbeamten und anderen Interessenten verteilt; die rosa und roten Marken waren restlos aufgebraucht. Der Stempel wurde dem deutschen Postamt zurückgegeben. So endete ein eigentümliches Kapitel des Geislinger Postwesens.
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* Harald Vogt berichtet in seinem Artikel "Estland 1944 1991" in "Eesti Post Nr. 33/2001" , dass die Lagerpostmarken (zumindest in anderen Lagern) auch als Zuschlagsporto für einkommende Express-Briefe und Telegramme sowie als Zuschlagsporto für ausgehende Geldüberweisungen verwendet wurden.
Quellen:
Ernits, Erich 1948: 3 aastat Geislingenis (3 Jahre in Geislingen). Göppingen. Druck: Gebr. Bott. Auch im Internet unter
URL: www.digar.ee/viewer/et/nlib-digar:269143/249071/page/1.
Stille, Bernhard 1994: Vom Baltikum ins Schwabenland. Estenlager und Ausquartiertenschicksal in Geislingen 19451950. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Geislingen/Steige Band II. Weißenhorn: Konrad-Verlag.
Weiterführende Informationen:
Kromm, Max & Vogt, Harald 2000: Estland. Sie blieben Esten auch im Ausland der Heimat verbunden nach Flucht und Exil ab 1944/45. Philatelistische Zeugnisse. Heide: Paul von Sengbusch Verlag.
Goeze, Dorothee M. 2011, Der Alltag estnischer Displaced Persons. Die Sammlung Hintzer im Herder-Institut Marburg. In:
Õpetatud Eesti Seltsi Aastaraamat / Annales Litterarum Societatis Esthonicae 2010 (S. 173-201). Tartu. Auch im Internet unter URL: www.ut.ee/OES/wp-content/uploads/Goeze4.pdf
Tõnismäe, Signe 2015: Estonian displaced persons in post-war Germany. Master's thesis. University of Tartu, EuroCollege, European Studies, im Internet unter URL:
mobile.dspace.ut.ee/bitstream/handle/10062/46905/Tonismae_Signe%20_2015.pdf
Im Exil wurden Veranstaltungen wie Sängerfeste und Pfadfindertreffen durchgeführt und häufig auch Organisationen etabliert, die sich um die Aufrechterhaltung der Heimatkultur kümmerten. Philatelistische Vereinigungen wurden gegründet, die natürlich keine Postwertzeichen herausgeben konnten, aber Vignetten, Schmuckumschläge, Nebenstempel oder auch Stempel der offiziellen Postverwaltungen mit Motiven aus der estnischen Kultur veranlassten. Sie produzierten auch Publikationen, veranstalteten Ausstellungen, feierten Jubiläen und anderes mehr.
Besonders zu nennen sind:
EFÜR Eesti Filatelistide Ühing Rootsis (Estnische Philatelistische Vereinigung in Schweden)
EPSNY Estonian Philatelic Society in New York (Estnische Philatelistische Vereinigung in New York)
Eestin Keräilijät Estnischer Sammlerverein in Finnland
und Gruppierungen in Kanada und Australien.
Beleg zum 75. Jubiläum der Estnischen Nationalflagge 'Eesti Lipp', die am 4. Juni 1884 erstmals in Otepää in den Farben blau (wie der Himmel) - schwarz (wie die Stiefel der Bauern) - weiß (wie der Schnee) wehte.
Absender und Produzent der Vignette ist die Estnische Philatelistische Gesellschaft in New York.
Beleg von der Estnischen Philatelistischen Gesellschaft in den Vereinigten Staaten, die sich regelmäßig im Estnischen Haus in New York traf, an den in Petrograd geborenen, in München als Apotheker tätigen Esten Georg Kuik.
Brief von August E. Pensa, Mitglied (und 19531966 Vorsitzender) der Estnischen Philatelistischen Gesellschaft in den Vereinigten Staaten und Herausgeber der "Marginalien der Estnischen Philatelistischen Gesellschaft" (1959-1960) an den estnischen Historiker Arnold H. Joonson beim (heute nicht mehr existierenden) sprachwissenschaftlichen Verlag "Võitleja" (= Kämpfer) in Heidelberg.
Beleg zum 100. Jubikäum eines der ersten estnischen Sängerfeste im Jahr 1863 in der Dorfgemeinde
Anseküla auf der Halbinsel Sõrve (Insel Saaremaa).
Produzent des Aufdrucks ist ebenfalls die Estnische Philatelistische Gesellschaft in New York.
Beleg zum 10- jährigen Bestehen der 1954 in Stockholm gegründeten
Estnischen Philatelistischen Gesellschaft in Schweden "EFÜR",
die dieses Jubiläum mit einer Briefmarkenausstellungswoche (22. 29. November 1964) feierte.
Brief des aus Estland nach Schweden ausgewanderten Sammlers Harry A. Malm von der Briefmarkenausstellung in Stockholm an den aus Valga stammenden, 1949 über Italien nach Australien ausgewanderten Paul-Sigfrid Lanno.
Messebeleg der "Baltpex 6". Die Baltpex war eine Briefmarkenausstellung, welche die
gesamte Thematik der Philatelie Estlands, Lettlands und Litauens abbildete und an wechselnden Standorten, aber häufig in Toronto stattfand.
Unabhängige Republik Estland
Privatpost in Estland